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Fußball und Kommerz – Eine gute Beziehung?

Image by WIKIPEDIA/ Anton (rp) Winter 2004

Der englische Fußball fasziniert doch immer wieder: Die Fans gehen mit ihren Vereinen durch dick und dünn, sie sind ihren Klubs auf immer und ewig verpflichtet und mit ihren Lieblingskickern öfter zusammen als mit ihren Ehefrauen. Dabei fasziniert aber auch die englische Spielweise: Hohe Bälle, schöne Spielzüge, wunderschöne Tore sowie spannende und kampfbetonte Spiele sind typische Kennzeichen des englischen Fußballs.

Doch in der englischen Fußballkultur ist in den vergangenen Jahren einiges in Bewegung gekommen. Grund dafür ist die fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballs. Keiner der 20 Erstliga-Klubs ist mehr selbstständig, sie sind alle in der Hand von Investoren.

Die Investoren pumpen Millionen, ja schon Milliarden in die Klubs, können ihnen so Top-Spieler kaufen und stellen ihnen Glaspaläste hin, die die schönen, einmaligen und traditionsreichen englischen Stadien, die „Fußball-Kathedralen“ gleich kommen, verdrängen.

Die Übernahme von großen Vereinen in England ist in Kreisen der Multi-Millionäre und Milliardäre im letzten Jahrzehnt zum großen Sport geworden.

Aber bereits Ende der Siebziger Jahre machte jemand als großzügiger Gönner eines Vereins von sich reden: Sir Elton John, der den FC Watford, am Rande Londons gelegen, bereits im Jahr 1977 übernahm. Bis 2002 blieb er dem Verein erhalten und konnte 1983 sogar die Vizemeisterschaft feiern.

In den 1990ern begann der Hype richtig an: Den Anfang machte Jack Walker, der mit Stahl reich geworden war und 1991 die Blackburn Rovers übernahm. Und als 1992 die Premier League gegründet wurde, dauerte es nicht sehr lange, bis die großen Klubs Arsenal, Tottenham, Everton, Manchester United und der FC Liverpool ihren Besitzer wechselten.

Ganz neue Dimensionen nahmen die Vereinsübernahmen an, als Roman Abramowitsch, mit Öl in Russland zum Milliardär geworden, im Jahr 2003 den FC Chelsea übernahm. Innerhalb von drei Jahren steckte der Russe geschätzte 500 Millionen Euro in den Londoner Klub.

Auch wenn eine aggressive Transferpolitik die Folge der Übernahmen war, waren die Investments der Reichen in ihre Vereine nicht immer erfolgreich. Ein Beispiel ist Mohamed Al-Fayed, der Ende der Neunziger Jahre den FC Fulham kaufte. Doch trotz der Millionen, die er in den Klub aus dem noblen Londoner Viertel steckte, blieb der Erfolg aus und seine gesellschaftliche Anerkennung konnte sich Al-Fayed über diesen Weg auch nicht erkaufen.

Und was war und ist eigentlich mit den ganzen Fans? Diese wurden an den Rand des ganzen Geschehens gedrängt. Im großen Zirkus der Investoren spielen sie keine Rolle mehr. Doch da, wo man von den Fans noch profitieren konnte, nämlich bei den Ticketeinnahmen, nutzte man sie eiskalt aus und erhöht die Eintrittsgelder ins Unerschwingliche. Unter 30 Pfund kann man heute kein Spiel in den oberen Ligen mehr besuchen. Gleichzeitig zeigt es aber auch, wie verrückt die englischen Fußballfans sind: Trotz exorbitanter Preise sind die meisten Stadien gut gefüllt. Und das „gute“ Stadionbier lassen sie sich trotz der Preise auch nicht nehmen.

Haben die Fans die Investoren eigentlich mit offenen Armen empfangen? Es gibt zwar wenige Beispiele wie der Isländer Eggert Magnusson, der 2006 bei West Ham United einstieg und mit warmem Applaus empfangen wurde; aber in den meisten Fällen waren die Reaktionen nicht ganz so positiv. Bestes Beispiel: Manchester United. Als dort im Mai 2005 der Amerikaner Malcom Glazer die Mehrheit des Klubs an sich riss, demonstrierten 2.000 ManU-Fans vor dem Stadion. Der Polizei gelang es nur schwer, die aufgebrachte Menge unter Kontrolle zu bekommen. Die Fans waren zu Teilen so aufgebracht, dass sie vor laufenden Kameras ihre Dauerkarten verbrannten.

Aus Protest gründete ein Teil der Anhängerschaft einfach einen neuen Klub, nämlich den FC United of Manchester. Über die lokale Presse suchten sie nach Spielern. In der zehnten englischen Liga, wo der FC United of Manchester spielt, feiert der Klub einen Zuschauerrekord nach dem anderen.

Und der kleine Klub steht für eines: Für den Protest. Sie haben genug von der Kommerzialisierung und den damit verbundenen Entscheidungen zu Ungunsten der Fans. Mit Hilfe dieses Klubs können sie zum Ausdruck bringen, wie wenig sie von überhöhten Ticketpreisen, absurden Anstoßzeiten und überdimensionalen Ablösesummen halten.

Innerhalb weniger Wochen hatte der Klub bereits 4.000 Mitglieder. Und das gesamte Projekt hat einen Vorzeigecharakter für ganz England. Denn es zeigt eines ganz deutlich: Trotz allem wollen sie sich ihre Fußballkultur nicht zerstören lassen.

Wir in Deutschland können sehr froh sein, dass es in unserem Profifußball die so genannte „50+1-Regel“ gibt. Diese untersagt privaten Investoren, die Mehrheit eines Profivereins zu übernehmen. Auch wenn unsere Spielweise und Fankultur nicht ganz mit denen der Engländer mithalten kann, können wir sehr froh sein, das unser deutscher Fußball nicht an der Kommerzialisierung des Sports erstickt.

Tim Schmitz

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