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Love-Parade-Gründer Dr. Motte: "Alle Beteiligten müssen an den runden Tisch!"

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Düsseldorf – Mehr als 100 Tage nach der Loveparade-Katastrophe von Duisburg warten noch immer viele Opfer vergeblich auf Hilfe oder Entschädigung von den verantwortlichen Veranstaltern, Versicherungen, der Stadt Duisburg oder anderen öffentlichen Stellen. Bis heute gibt es keine umfassende Bilanz der Folgen. Niemand weiß, wie viele Opfer mit welchen Schäden es tatsächlich gegeben hat. „Das ist das bedrückende Ergebnis unserer bisherigen Recherchen“, sagt Rechtsanwalt Adam Krawczyk, Vorstandsvorsitzender der neu
gegründeten LOVE-Stiftung in Düsseldorf: „Viele leere Versprechungen, vertröstende Standardschreiben und schamlose Hinhaltetaktik haben offensichtlich Methode.“

Krawczyks Freund und Kanzlei-Partner starb bei der Tunnel-Panik in Duisburg. Nachdem er selbst erlebte, wie viele Opfer bis heute im Stich gelassen werden, hat Krawczyk jetzt die gemeinnützige „LOVE-Stiftung“ (www.lovestiftung.de) ins Leben gerufen – gemeinsam mit Dr. Motte alias Matthias Roeingh, dem Erfinder der Love Parade, und Rainer Güttler, einem renommierten Spezialisten für Stiftungsrecht.

Zu den Ereignissen der Tragödie an der Rampe zum Tunnel in der Karl-Lehrer-Straße gibt des bislang keine amtlich bestätigte Version. Aus unterschiedlichen Quellen zusammen getragene Details ergeben jedoch folgendes Bild: Zum engsten Kreis der Opfer dürften nach vorläufigen Angaben schätzungsweise etwa 3.000 Menschen zählen, die sich zum  Zeitpunkt der Katastrophe auf einem sehr kleinen Areal von nur ca. 400 Quadratmetern drängten. Die Angaben über die Zahl der Besucher, die sich während des Unglücks in der gesamten Tunnelröhre – mit einer Fläche von rund 5.000 Quadratmetern – befanden, schwanken zwischen 15.000 und 25.000. Rund 6.600 ambulante Hilfeleistungen waren erforderlich. Insgesamt 530 Personen mussten zur Weiterbehandlung in Krankenhäuser gefahren werden. Mehr als 300 Strafanzeigen sind bisher bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Nach Angaben des Ombudsmanns Wolfgang Riotte wurde aus dem NRW-Fonds in 50 Fällen gezahlt und in etwa zehn Fällen laufe die Bearbeitung noch. Bei manchen sei nur Tagesgeld für den Aufenthalt in einer Klinik angefallen, andere hätten die Entschädigungsgrenze von 20.000 Euro schon erreicht. Rund
20 Prozent der „Soforthilfe“ wurde offenbar bislang nicht ausgezahlt.

„Unser Ziel ist, möglichst vielen Opfern nicht nur kurzfristig und unbürokratisch zu helfen „, sagt Krawczyk, „sondern auch bei der
Bekämpfung der Langzeitfolgen zu helfen.“ Neben den 21 Toten und über 500 zum Teil schwer körperlich Verletzten seien nach Ansicht von Experten mehrere zehntausend Besucher der Love-Parade psychisch geschädigt. Nicht zu vergessen sei auch die Vielzahl von Polizisten, Sanitätern und Rettungskräften.

Erinnerung an die Todesangst sei ein häufiges Symptom. Aber auch Schuldgefühle bei denen, die das Unglück überlebt haben oder die
vergeblich versucht hatten, Menschen aus dem „Hexenkessel“ zu retten. Die möglichen Folgen der psychischen Schäden reichten von
Arbeitsunfähigkeit bis zu schwersten, lebenslangen Depressionen – und seien damit nicht weniger katastrophal als körperliche Verletzungen.
Krawczyk: „Besonders tückisch ist, dass ein solches Trauma oft erst in fünf bis acht Jahren mit voller Wucht ausbricht.“

Da sich bis jetzt keine übergeordnete staatliche Institution umfassend um die Tragödie kümmere, habe sich die LOVE-Stiftung zur Aufgabe gemacht, eine gesellschaftlich sozialverträgliche Lösung zu finden und eine zentrale Anlaufstelle für die Betroffenen zu sein. Dabei ist es nach Ansicht von Krawczyk wichtig, dass die Stimmen aller Opfer und Hinterbliebenen in der Stiftung gebündelt werden. Nur dann würden die Beteiligten reagieren und auf die berechtigten Interessen der Geschädigten eingehen.

Die Katastrophe von Duisburg habe nicht nur eine ganze Stadt, sondern Deutschland traumatisiert, meint Loveparade-Erfinder Dr. Motte. „Das lässt sich nur verarbeiten, wenn sich alle Mitverantwortlichen so schnell wie möglich an einen Tisch setzen – vom Veranstalter über die Versicherer, Politiker und Verwaltungsspitzen bis hin zu den Anwälten der Betroffenen.“ Die eine Million Euro aus dem Hilfsfonds der NRW-Landesregierung reichten bei Weitem nicht aus, um alle Hinterbliebenen und Verletzten des Unglücks angemessen und langfristig zu unterstützen. Und nicht länger dürften die Opfer wie Vertriebene zwischen den Fronten behandelt werden. Dagegen werde die LOVE-Stiftung ab sofort mit aller Kraft angehen. Zwischen den Parteien will die Stiftung die Mittlerrolle
übernehmen, in deren Mittelpunkt die Opfer und Betroffenen stehen.

Bis heute gibt es keine offizielle Gesamtbilanz des Unglücks. Um sich so schnell wie möglich einen vollständigen Überblick über das ganze Ausmaß der Katastrophe zu machen, ruft Dr. Motte alle Betroffenen auf, sich bei der Stiftung zu melden. Dazu hat die Stiftung eine eigene Webseite eingerichtet. Unter www.lovestiftung.de kann jeder Besucher der Love-Parade von Duisburg seinen Fall eintragen. Außerdem soll die Webseite den Betroffenen zum Austausch untereinander dienen.

Laut Vorstandsmitglied Güttler sieht die Stiftung ihre Aufgabe auch darin, eine umfangreiche Dokumentation und Datenbank einschließlich aller existierenden Selbsthilfegruppen zu erstellen: “Damit wollen wir einen notwendigen Beitrag leisten für die Vernetzung untereinander, für die Schärfung des Bewusstseins über die Folgen des Unglücks und zur künftigen Prävention, damit so etwas Furchtbares nicht wieder passiert.”
Darüber hinaus werde die LOVE-Stiftung Kontakt zu anderen Organisationen aufnehmen, die sich um die Opfer kümmern: „Wir wollen
alle Hilfsaktivitäten koordinieren, vorhandene Lücken schließen und dabei unterstützen, die viel zu knappen Spendenmittel bestmöglich einzusetzen.“

Für ihre Arbeit und für die Unterstützung der Opfer brauche die LOVE-Stiftung zunächst jedoch Geld. Deshalb bitten die drei Stiftungsgründer um Spenden sowie um Zustiftungen zum Kapitalstock der Stiftung auf das Konto 0466557 bei der Deutschen Bank Düsseldorf (Bankleitzahl: 30070024).

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