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Duisburgs Küppersmühle und Bostons Botched Box

Photograph by Christopher Peterson (Wikipedia)

Nichts Böses ahnend sitze ich in Tel Aviv am Frühstückstisch und sehe mir die Lokalpresse an. Die Duisburger natürlich. Und was sehen meine Augen! Jetzt geht es aber so richtig los im Innenhafen. Der Schuhkarton kommt auf die Küppersmühle. Na prima!
Da fällt mir ein: Anfang 2009 hatte ich doch mal etwas über ein schönes Gebäude in Boston geschrieben. Na, dieser Artikel passt doch heute richtig gut.

Werner Jurga, z. Zt. Tel Aviv, 18.10.2010 

 Bostons Botched Box

Eine verpfuschte Box sei es, das neue Gebäude des Institute of Contemporary Art in Boston.

Sagen die einen; andere feiern seine gelungene Architektur. Und ich, ich halte mich da heraus. Denn ich interessiere mich nicht so sehr für zeitgenössische Kunst, erstens. Und zweitens komme ich ohnehin nur recht selten in Boston vorbei. Soll aber recht nett sein, sagt Joachim, mein Kumpel aus Israel. Also Boston, nicht die Box. 

Na ja, und drittens, wenn ich mich nun für zeitgenössische Kunst interessierte und sowieso in Boston wäre, dann wäre es mir wahrscheinlich auch ziemlich schnuppe, ob ich mir die Werke in einer botched box oder in einer non-botched box zu Gemüte führte. Ich kenne mich nämlich in Sachen Architektur auch nicht so aus. Andererseits: wenn ich mich für zeitgenössische Kunst interessierte, hätte ich wahrscheinlich auch Ahnung von Architektur. Wer weiß?

Ich weiß nur eins: wäre ich ein echter Bostoner, dann würde ich – Ahnung von Architektur hin, Ahnung von zeitgenössischer Kunst her – auf jeden Fall mal so tun, als ob. Und ich wäre stolz, sehr stolz … auf die verpfuschte Box. Das heißt: wenn jemand „botched box“ sagen würde, würde ich sofort ausflippen und sagen:

„Listen man! This building is fantanstic. And it is absolutely unique.“

Höflich ausgedrückt; denn es dürfte sich bei diesem absolut kunstbanausigen Motherfucker um einen Strolch aus Übersee handeln. Denn allein schon wegen dieses einzigartigen Bauwerks kämen ja die Leute von überall her. Könnte ich mir vorstellen. Ich wäre, wie gesagt, jedenfalls sehr stolz. Als Bostoner. 

Ach Mensch, jetzt haben diese Amis in Boston ihre Box schon länger als zwei Jahre. Und was haben wir? Ich meine: Wasser haben wir doch auch. Wäre das nicht klasse, wenn wir da auch mal so eine Box drüber hängen lassen würden. Und dann so modernen Plunder – Sie wissen schon: Kunst, hihi – da rein. Hammer Idee! Da könnte ich richtig ins Schwärmen geraten. Oder auch ins Träumen.

Dann würde ich so Sätze sagen wie: „Wer künftig zeitgenössische deutsche Kunst aller großen Namen erleben will, der kommt nach Duisburg.“ Okay, dieser Satz ist nicht von Dr. Werner Jurga, aber immerhin von Dr. Werner Müller. Nah dran. Der Ministerpräsident würde kommen und staunen … über schlichte, reduzierte Form eines Quaders, die greifbar den Gegensatz zwischen Schwere und Leichtigkeit inszeniert (Herzog & de Meuron, Architekturbüro).

Und dann würde Dr. Jürgen Rüttgers betonen: „Mit diesem Erweiterungsbau entwickelt sich der Duisburger Innenhafen zu einem der interessantesten Orte bildmächtiger Architekturen in unserem Land.“ Ach nee, passt nicht: „entwickelt“. Hat er also schon gesagt. Sehen Sie hier

Und vor allen Dingen sehen Sie hier, wie super das dann aussehen würde, das Institute of Contemporary Art in Duisburg. In the mill of Küppers, fantanstic and unique. Was die wohl Augen machen würden?! Diese Ignoranten aus Boston mit ihrer botched box! Kunst und Architektur bei diesen kulturlosen Amis. Ich lache mich frack. Botched box – ja genau! What about a shoe box, man? 

Werner Jurga, 15.02.2009

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