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20 Jahre Deutschland, Teil 2: Hell´s Bells

Guten Morgen, liebe Nation! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! 20 Jahre „Born again“; die Feierlichkeiten haben bereits begonnen. Vorgestern schon, aber gestern war auch wieder etwas los. Das lese ich hier gerade in der „Bild am Sonntag“ (BamS).

„Hells Bells“ – zur Einheitsfeier rockt Guttenberg die Junge Union

Samstag, Berlin, Konrad-Adenauer-Haus, 17 Uhr: Röhrend ertönt der Song „Hells Bells“ seiner Lieblingsband AC/DC zur Begrüßung des Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Er spricht heute mitten in der Parteizentrale der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Deutschlandtreffen der Jungen Union. Rund 800 Menschen sind gekommen.
Junge Menschen, versteht sich; aber ob die auch Englisch können. Karl-Theodor, wie man weiß, kann ja wirklich sehr gut Englisch:

I’m rolling thunder, pouring rain
I’m coming on like a hurricane
My lightning’s flashing across the sky
You’re only young but you’re gonna die

Das war die erste Strophe von Hell´s Bells. Wahrlich: ein Hammer-Song! – Weiter in der „BamS“ – alles live und ungekürzt:
Der Gastgeber, JU-Chef Philipp Mißfelder, begrüßt ihn als „die Hoffnung der Jungen Union, die Hoffnung der Leute in der Union, die auch für konservative Werte einstehen“.
So, jetzt kürze ich doch ein wenig. Der konservative Verteidigungsminister legt dar, wie man mit den Gegnern von Stuttgart 21 umzuspringen hat und zieht dann
sein Fazit: Es müsse geführt werden und Entscheidungen geben, „dann sind wir bereit, für sie auch kämpfend einzustehen“. Da schauen die jungen Mädchen der JU entzückt und applaudieren bis ihnen die Hände schmerzen.
Hell´s Bells eben! Zweite Strophe:

I won’t take no prisoners won’t spare no lives
Nobody’s putting up a fight
I got my bell I’m gonna take you to hell
I’m gonna get ya, satan get ya

Alles soweit sehr hübsch; aber was hat das mit der Wiedervereinigung zu tun? Oder das hier? Nicht in Berlin, sondern in Bremen trafen sich ebenfalls gestern die „Antifas“. Nun gibt es – so etwas weiß man eben – der Antifanten zweierlei: einmal die Antiimpis, ein anderes mal – wie hier zum Beispiel: die Antideutschen. Bremen, 2. Oktober 2010. Der Termin ist online auch im Demo-Kalender verzeichnet (gewesen). Motto der ganzen Angelegenheit: „Kein Tag für die Nation. Kein Tag für Deutschland.“ Und jetzt der Refrain:

Hell’s bells
Hell’s bells, you got me ringing
Hell’s bells, my temperature’s high
Hell’s bells

Erhöhte Temperatur. Das ist im Grunde alles, was so ein Antifant braucht. Politisch-inhaltliche Feinheiten sind dem – ich nehme an: Demo-Aufruf zu entnehmen. Und der geht so los:
Am 3. Oktober 2010 feiert die Berliner Republik ihren 20. Geburtstag. Nach dem 60. Jubiläum des Grundgesetzes und 20 Jahren Mauerfall steigt in diesem Jahr der runde ‘Tag der Deutschen Einheit’ in Bremen. Gefeiert wird – ja, was eigentlich?
Gute Frage, die die Deutschland-Fans immerhin mit diesem oder jenem beantworten könnten, wenn sie sich denn nur irgendwie dazu veranlasst sähen. Was unsere selbsternannten Vaterlandsfeinde jedoch immer noch nicht von der Aufgabe entbinden würde zu benennen, warum sie eigentlich zu einer Veranstaltung antreten, als deren Motto in der Tagesschau „Nie wieder Deutschland“ berichtet wurde.
Ob sie den politischen Verantwortungsträgern vorgeschlagen haben, das von ihnen regierte Land, das „schon als Kind Scheiße“ war, kurzerhand aufzulösen und … – tja, keine Ahnung. Auch all die nachfolgenden Sätze des Aufrufs verraten darüber nichts. Lieblos zusammengeschriebenes antikapitalistisches Gefasel; das war´s. Kein Problem, das stört einen autonomen Antideutschen nicht. Hauptsache Action. 

Eigentlich eine schöne Sache: die Patrioten wissen nicht so recht, was es zu feiern gibt. Jedenfalls reden sie nicht groß drüber, sondern konzentrieren sich auf die anstehenden Aufgaben, sprich: auf die Feinde, denen der Kampf angesagt werden muss. So hat es der Guttenberg gemacht, so hat es auch der Gauck gemacht. Heute ist der Wulff dran. Eine schwere Prüfung; heute muss der neue Bundespräsident wirklich zeigen, was in ihm steckt.
Christian Wulff hatte – wir haben es hier gewürdigt – einen sagenhaften Start: „Man darf Deutschland lieben!“ Logisch, dass dies erst einmal festgestellt werden musste. Vom Staatsoberhaupt, also so festgelegt. Aber heute wird so ein Gesülze nicht reichen. Da muss mehr kommen! Ohne, und das ist ja gerade die Kunst, dass das Ausland auch nur irgendetwas in den falschen Hals bekommen könnte.
Also, das müssen wir zugeben: diese Kunst hatte niemand so gut beherrscht wie Joschka Fischer. Er war – ach, was rede ich: ist – bei den Grünen; aber wie er dieses Problem gemeistert hatte, als Außenminister und auch schon zuvor: Respekt, sage ich da nur. Respekt!
Gestern bei den Antideutschen: der Ebermann war dabei, der Trampert auch – die beiden apokalyptischen Reiter, wie Joschka Fischer sie  getauft hatte. Die beiden Herren waren – nacheinander – Parteivorsitzende der Grünen, und Fischer war ihr Gegenspieler. Das liegt jetzt ebenfalls schon so etwa zwanzig Jahre zurück. Aber immerhin, Ebermann und Trampert wussten, warum sie Gegner besagter „Wahnsinnsrevolution“ waren. Und auch dem Joschka war völlig klar, dass ein mit voller Souveränität ausgestattetes vereintes Deutschland in der Mitte Europas ein Risiko war.

Joschka Fischer hatte dies sehr genau analysiert und sich mit diesem „Bewerbungsschreiben“ (für das Amt des Außenministers) großes Ansehen bei Deutschlands Verbündeten, aber auch daheim, auch bei Unionspolitikern erworben. Heute, gut fünfzehn Jahre später, gilt schon der Hinweis auf ein Risiko Deutschland – zumindest – als unfein.

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