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„Warum die schwarze Antwort des Hasses?“

Anlässlich der Verleihung des Theodor-Lessing-Preises durch die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Hannover hielt die deutsche Journalistin und Filmemacherin Esther Schapira eine Dankesrede. xtranews dokumentiert sie in Auszügen.

„Warum die schwarze Antwort des Hasses?“

Die Todesstrafe in den USA und in China sorgt zu Recht für Empörung, doch wenn es um die Hinrichtungen der Hamas im Gazastreifen geht, schweigen die Aktivisten. Warum?

Auch die Inhaftierung und Folterung oppositioneller Aktivisten, Homosexueller, Christen und Feministinnen in den palästinensischen Gebieten und in der muslimischen Welt, tut der politische Korrekte lieber bequem ab. Eine Laune der Islamisten, Folklore, Achselzucken. Man will den Mullah nicht vergrätzen, der weltweite Aufruhr wegen ein paar mäßig witzigen Mohammed-Karikaturen steckt allen noch in den Knochen.

Als wir kürzlich ein Portrait des legendären Rudi Carell ausstrahlten, fehlte eine entscheidende Szene aus seiner Karriere, die dazu führte, dass der deutsche Botschafter aus dem Iran ausgewiesen, dass das dortige Goetheinstitut geschlossen und der Flugverkehr nach Teheran unterbrochen wurde. Der Grund: eine Szene von ganzen 6 Sekunden, in der der Showmaster eine Büste des Ayatollah Khomeini mit Dessous beworfen hatte. Haben die Autoren diesen Skandal schlicht vergessen oder hatten sie Angst vor einem neuerlichen Aufruhr? Eins wäre schlimmer als das andere.

Ich will nicht verhehlen, dass mich gerade in den letzten Monaten, vieles an der Politik Israels irritiert. Die jetzt aufgetauchten Feldpostkarten junger israelischer Rekruten mit gefangenen Palästinensern. Der tragische Vorfall vor der Küste Gazas, bei der 10 Menschen durch eine desaströse Aktion des israelischen Militärs so sinnlos ihr Leben verloren. Der unsinnige und politisch dumme Ausbau der Siedlungen in der Westbank. Alles das irritiert mich in hohem Maße, der Triumph des Irrationalen ängstigt mich.

(…)

Die Solidarität mit Israel ist hierzulande Staatsräson, doch bei kaum einem anderen Thema ist die Kluft zwischen offizieller Politik und Volksmeinung größer – und zwar unabhängig von Parteien, Generationen und Religion. Wenig beruhigend ist dabei, dass Deutschland im schlechtesten Sinne mitten in Europa liegt. Der Deutsche Thilo Sarrazin entdeckt das jüdische Gen und der niederländische EU-Handelskommissar Karel de Gucht moniert Juden als „Rechthaber“, weswegen es „selbst mit einem gemäßigten Juden“ nicht einfach sei „ein rationales Gespräch über das zu führen, was sich im Nahen Osten abspielt.“ Vielleicht, so wäre de Gucht entgegenzuhalten, ist es ja die Erfahrung mit dem Irrationalismus, mit dem tödlichen Hass der Antisemiten, die Juden weltweit gelehrt hat, wie wenig Verlass im Ernstfall auf die Hilfe von außen und wie wichtig es ist, eine eigene Armee zu haben, sich wehren zu können.

Langfristig aber sichern nicht Waffen das Überleben, sondern nur der Frieden. Und so hoffe ich, dass alle jene irren, die die gerade begonnen neuen Nahostverhandlungen schon jetzt für gescheitert halten. Europa mit seiner Jahrhunderte langen Blutgeschichte hat wenig Grund, ungeduldig zu werden, weil der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nach gut 60 Jahren noch immer nicht gelöst ist. Weniger Urteil, mehr Wissen. Weniger Vorurteil, mehr Aufklärung.  Das wünsche ich mir. Ganz in der Tradition des Namensgebers dieses Preises, ganz im Sinne Theodor Lessings, der mit Hingabe Gras mähte und so die Ruhe störte. Lassen Sie uns also weiter gemeinsam Gras mähen.

Den vollständigen Text der Dankesrede finden Sie hier.

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