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Der Untergang – Adolf(S.) letzte Tage

Der Bunker - Foto: Wir in NRW

Der Bunker - Foto: Wir in NRW

OB Sauerland hat seine letzten Kräfte mobilisiert und reichte gestern eine einstweilige Verfügung gegen den Blog Xtranews ein, um die weitere Veröffentlichung der Dokumente zum Loveparade-Gutachten zu verhindern. Sein öffentlich bekundetes Leiden, seine Trauer und sein – leider nur medial bekundetes – Mitgefühl für die Opfer ließen ihm offenbar hinreichend Spielraum, um alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Dokumente des Versagens der weiteren öffentlichen Diskussion zu entziehen. Ohne Erfolg in der Sache und ohne Erfolg in der Konsequenz.

Adolf Sauerland muss und wird zurücktreten oder zurückgetreten werden. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass die Stadt Duisburg einen OB erdulden muss, der Angst vor seinen Bürgern hat und im In- und Ausland einen auf absehbare Zeit nicht gutzumachenden Imageschaden erlitten hat, der die Namen Loveparade und Sauerland trägt.

Adolf Sauerland übernimmt offensichtlich keine Verantwortung, weil er nicht verstanden hat, was moralisch und politisch zwingend geboten ist. Adolf Sauerland verschanzt sich ohne jeden Zweifel aus rein finanziellen Gründen. Bei – es sei ihm gegönnt – normaler Lebenserwartung bringt ihm die Verweigerung des gebotenen Rücktritts einen Vermögensvorteil von brutto über 1 Million EURO. Das ist die Differenz zwischen verantwortungsvollem Rücktritt und Luxuspension bei Abwahl oder Ausharren im “Bürgermeisterbunker”. Das ist etwas mehr als die Veranstalter und Versicherer als – ohne Schuldeingeständnis versteht sich – Soforthilfe zur Verfügung gestellt haben. Das ist auch netto gerechnet mehr als die Landesregierung zur Verfügung gestellt hat.

Adolf Sauerland versteht wohl nichts von politischem Anstand, hat keine politische Ethik, aber er kann offenbar rechnen. Zumindest, wenn es um seinen Vorteil geht. Gibt es Gründe, die sein Verhalten rechtfertigen oder zumindest entschuldigen. NEIN! Adolf Sauerland hat uns vor wenigen Tagen wissen lassen, dass ihn die Katastrophe des 24. Juli emotional nach wie vor sehr berühre. Im O-Ton “So etwas wollten wir nicht. Jeden Morgen, wenn ich wach werde, wünsche ich mir, dass alles das, was wir erlebt haben, nur ein böser Traum ist, aber es ist Realität.” Wir alle erleben das ähnlich. Auch im Hinblick auf seinen Rücktritt. Jeden Morgen, wenn wir die neuesten Nachrichten lesen und jeden Tag wieder zu lesen ist: „Sauerland lehnt einen Rücktritt ab“. Abwählen ja, Rücktritt nein: Es ist die Wahl zwischen Verantwortung und dem anstrengungslosen Wohlstand für den Rest seines Lebens. Adolf Sauerland hat sich anfangs weggeduckt. In einer an Unfähigkeit und – aus heutiger Sicht – Dreistigkeit kaum zu überbietenden Pressekonferenz haben wir das fassungslos ansehen müssen. Heute wissen wir: Adolf Sauerland hat Opfer und Öffentlichkeit belogen und getäuscht. Die Verantwortung auf andere abgewälzt. Er hat sich seines Amtes unwürdig erwiesen. Noch schlimmer: Er lügt offenbar auch weiterhin. Von der zentralen Verantwortung angefangen, über das detaillierte Wissen aller Probleme im Vorfeld der Loveparade, über die wissentlich gefälschten Zahlen über die Zahl der erwarteten Teilnehmer bis hin zur Behauptung, die Stadt Duisburg habe aus datenschutzrechtlichen Gründen den Angehörigen der Opfer bisher noch nicht kondolieren können. Jede einzelne dieser Lügen rechtfertigt die Forderung nach sofortigem Rücktritt. Jede dieser Lügen macht das unausweichlich.

Der Rücktritt von OB Sauerland allein reicht natürlich nicht aus. Weder macht es das Schreckliche ungeschehen noch ist damit die Frage der Verantwortung geklärt. Als Chef der Verwaltung, als aktivster Promoter der Loveparade muss er diesen Schritt nur zuerst tun. In der Verwaltung der Stadt Duisburg werden noch andere ihren Stuhl räumen müssen. Da wären z.B. der Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe, der in einigem eine unglückliche Figur gemacht, in vielem eine merkwürdige Rolle gemacht hat und im Vorfeld – als Sicherheitsdezernent! – zu intensiv mit der Finanzierbarkeit und nicht mir der Sicherheit beschäftigt war. Vizepolizeipräsident und bei der Loveparade kommissarischer Polizeipräsident Detlef von Schmeling wusste im Vorfeld offenbar über die Schwachpunkte Bescheid und hat das Risiko der Tragödie offenbar in Kauf genommen. Viele andere bis hin zur mittlerweile abgetretenen Landesregierung tragen Mitverantwortung, die Konsequenzen erfordert. Allen voran aber muss auch der Veranstalter in Person von Rainer Schaller selbst in Haftung genommen werden. In offenbar betrügerischer Absicht wurden Zahlen gefälscht. Für 3 Millionen EURO (vielleicht auch etwas mehr) wurde bei einem kaum zu überbietenden massenmedialen Mega-Event (7,5 MillionenTV-Zuschauer national, Übertragung in mehr als 50 Länder mit über 50 Millionen TV-Zuschauern, hunderte Journalisten von Presse, Funk und Fernsehen vor Ort) für den Hauptsponsor McFit (zufälligerweise ist Rainer Schaller hier geschäftsführenden Gesellschafter!!) Werbemöglichkeiten zum Discountpreis eingekauft. Die – sicher nicht eingeweihten – Mitsponsoren wurden angesichts der unfassbar geschönten Zahlen kräftig über den Tisch gezogen und haben nach ersten Abschätzungen dem Veranstalter einen schönen Gewinn beschert. Trotz der bereit stehenden Millionen und dieser alles in den Schatten stellenden Dimension hat der Veranstalter von Anfang an für die hochriskante Veranstaltung in Duisburg ein Sicherheitskonzept vorgelegt, dass kaum mehr zu bieten hatte als ein Abiball. Das lässt sich an einer kaum übersehbaren Zahl von mittlerweile bekannten und mehrfach bestätigten Fakten ablesen. Z.B.: Als Versicherungssumme der gesamten Veranstaltung wurden bisher 7 Millionen EURO genannt. Bei 1,4 Millionen erwarteten Teilnehmern?? Auch die aus Kostengründen intern kommunizierte Zahl von 250.000 Ravern oder die tatsächliche Erwartung von 500.000 Besuchern, auch kein anderes Zahlenspiel kann das rechtfertigen. Jeder deutsche Dackel ist im Schnitt mit über 1 Million EURO Haftpflicht versichert. Jede Hundeausstellung schlägt den Ansatz des Veranstalters. Die Loveparade war immer schon eine problematische Veranstaltung, auch in Berlin. In der Hand eines sich selbst überschätzenden Veranstalters, der Marketing vor Sicherheit rechnet und in der Hand einer offensichtlich überforderten Verwaltung und eines vor Ehrgeiz blinden Oberbürgermeisters, der dieses Event – koste es was es wolle – unbedingt haben wollte, war die Katastrophe absehbar. Alle Belege untermauern das. Die Beteiligten haben nicht nur die Verantwortung dafür zu tragen, sie haben auch Schuld auf sich geladen.

Jeden Morgen, wenn ich wach werde, wünsche ich mir, dass alles das, was wir gerade erleben, nur ein böser Traum ist, aber es ist Realität. In der Geschichte der Bundesrepublik hat es kaum ein unwürdigers Verhalten eines Politikers gegeben als das, den wir gerade beim Duisburger OB erleben. Aber in welchem Bunker Adolf Sauerland sich auch gerade wegduckt, der Abtritt als OB wird kommen. Meine Bitte: Je eher desto besser.


Wir veröffentlichen diesen Beitrag mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Die Erstveröffentlichung erfolgte unter dem Namen „Gitta Gans“ auf dem bekannten Politik-Blog Wir in NRW

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