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Traumzeit 2010: Der erste Tag

Babylon Circus - Quelle: Traumzeit

Selbst wer versuchte wenigstens in alle Konzertacts des heutigen Tages hineinzuschnuppern wird Koordinierungskunst gebraucht haben – dabei sind an diesem ersten Tag nur drei Bühnen bespielt, die Gebläse- und Pumpenhalle folgen dann morgen und übermorgen.

Bemerkenswert die Fusion von traditionellen Bergmannsliedern mit Jazz – der MGV Concordia bewies Experimentierfreude, Angelika Niscier Sublim kleidete die traditionellen Lieder in Jazz-Arrangements, die den Kern der Volkslieder bewahrten aber auch neue Akzente setzten. Etwas zum angenehmen Zuhören an diesem Abend. Man wünscht sich sowas vielleicht nochmal mit traditionellem Liedgut.

Jazzig blieb es dann mit Tonspur – die sich nicht scheuten eine Vuvuzela auf die Bühne zu bringen. Während Angelika Niscier Sublim eher traditionelle Pfade beschritt wagte die Band auch ab und an mal einen kleinen Seitensprung in experimentellere Pfade. Kopfkino war da Programm, melancholische Szenen flogen aus dem Gedächtnis hervor und vermischten sich mit freudigeren Erinnerungen. Klanglandschaften von weich bis jazzighart. Die neue Bühne am Gasometer  ist durchaus eine Bereicherung für das Festival.

Dann: Abwechslung und tanzbare Gesellschaftskritik. Babylon Circus mischen munter Pop, Ska, Reggae miteinander, garnieren das mit einer Prise fanzösisch klingender Folklore und unterlegen das Ganze mit treibenden Beats. Sie sind zudem enorme Bühnenunterhalter – beim Liebeslied, das der Angebetete singt sinkt der Gitarrist auf die Knie und imitiert eine Geige, während Sänger Jo sich als abweisende Geliebte gibt. Dabei sind die Texte von Babylon Circus auch durchaus gesellschaftskritisch, was man bei allem Spaßfaktor nicht vergessen sollte. Ein erstes Higlight an diesem Tag.

Ganz charmant und elegant beginnen die Chansons von Eva Kurowski, die vom Brendel-Quartett der Duisburger Philharmoniker begleitet wurde. Wie gesagt: Alles ganz harmlos – bis Eva Kurowski dann ganz leicht mit einer Ironie um die Ecke kommt, die den Hörer umhaut. Es ist eine gewisse Bodenständigkeit, die die Sängerin umgibt und die gar keinen Zweifel darauf aufkommen lässt das ihre Chansons durchaus vergnüglich, aber eben auch mit einem leichten Hauch von schwarzem Humor gesegnet sind. Man darf sich also nicht in Sicherheit durch die sanften Kläng wiegen, keineswegs.

Danach als Kontrast: Jose Gonzales.  Seine Songs sind dabei alles andere als popkonform, es dauert einige Zeit bis man sich eingehört hat in diese raffinierten Strukturen – da endet ein Song mit einer sehr langen Coda, ein anderer wird abrupt beendet während Jose Gonzalez nicht nur über die Liebe sondern in den neuen Songs auch über die Kompliziertheit des Lebens singt. Überraschend dann die Zugaben – wobei die letzte eigentlich schon die ganze Zeit vom Publikum erwartet wurde:  „Teardrop“ von Portishead – dass dieser Song, der eigentlich viel auf die Elektronik vertraut auch akustisch zum Tragen kommt hätte man nicht vermutet.  „Heartbeat“ von den Knifes zum Schluss dann. Ein sympathischer Mensch, der da auf der Bühne stand und der seinen einzigen Verspieler an diesem Abend mit einem netten „Sorry“ entschuldigte.

Furioser Abschluss des Tages: Die Shout Out Louds – während ihr Landsmann Jose Gonzales eher ruhig und in sich versunkene Musik macht, rocken die Schweden die Bühne mit Indie-Rock in Reinkultur, teilweise unterstützt von den Duisburger Philharmonikern. Shout Out Louds haben sich längst eine eigene Kategorie geschaffen, ihre Musik wurzelt im Independent, streckt aber auch zarte Fühler in Richtung Pop aus oder bisweilen sogar in Richtung des Mainstreams – nur ganz kurz bevor wieder der Indie-Rock sich Geltung verschafft. Junge, energiegeladene und vor Spielfreude strotzende Musik als Abschluss des ersten Tages – amüsiert nehmen die Schweden zur Kenntnis, dass man heutzutage keine Telefonnummern sondern schon Telefone auf die Bühne reicht. „Read the Message“ so der Darreichende. „Later“, meint die Band und gibt gegen Ende des Gigs dann brav das Telefon wieder an den Besitzer zurück. Manieren haben die Jungs auch noch.

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