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Neue Vorwürfe gegen Securitate-Spitzel Peter Grosz – Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller kritisiert mangelnde Reue der Täter

Mainz (ots) – Die Spitzel-Vorwürfe gegen den rumäniendeutschen Schriftsteller und Lehrer Peter Grosz sind schwerer, als bisher bekannt. Das berichtet die Kultursendung "Landesart" am Samstag, den 27. Februar, um 19.15 Uhr im SWR Fernsehen und stützt sich dabei auf die Aussage des früheren Opfers William Totok und auf Akten der Securitate. Peter Grosz soll den befreundeten Schriftsteller in Berichten für den Geheimdienst in den 1970er Jahren schwerer belastet haben, als bisher bekannt. Nach Recherchen von "Landesart" soll Grosz den heute in Berlin lebenden Schriftsteller und Journalisten Totok unter dem Decknamen "Gruia" denunziert und seinen Texten eine staatsfeindliche Haltung vorgeworfen haben. Wörtlich sagt Totok dem SWR: "Er hat darüber berichtet, was ich schreibe, was ich beabsichtige zu schreiben, was ich politisch beabsichtige zu tun. Er hat mitgeteilt, dass das staatsfeindliche Texte sind. Er hat über meine Freundin berichtet, er hat über meine Mutter berichtet. Und er hat im Grunde der Securitate ein Psychogramm meiner Person geliefert, aufgrund dessen man gegen mich vorgehen konnte."

    Nach Recherchen von "Landesart" hat Peter Grosz in einem Bericht an die Securitate im Jahr 1974 einem Gedicht William Totoks "Irredentismus" bescheinigt, darunter wurde damals eine staatsfeindliche Haltung verstanden. Auf so genannte "irredentistische Handlungen" stand nach Auskunft des Rumänien-Experten der Birthler-Behörde, Dr. Georg Herbstritt, damals in Rumänien eine Haftstrafe von 15 bis 20 Jahren, aber auch die Todesstrafe konnte verhängt werden. Sogar einen Tag vor seiner Ausreise in die Bundesrepublik lieferte Grosz nach Recherchen von "Landesart" noch einen Bericht über Totok beim Geheimdienst ab, in dem er ihm zur Last legte, die Organe des Staates und die Securitate zu kritisieren. Im Gespräch mit dem SWR sagt Totok über Peter Grosz wörtlich: "Es war für mich eine maßlose Überraschung und eine absolute Enttäuschung, dass ein Mensch, den ich als Freund betrachtet habe, auf diese Art und Weise mein Vertrauen missbraucht hat."

    Nobelpreisträgerin Herta Müller, die in ihrer Vergangenheit ebenfalls von der Securitate bespitzelt wurde, erklärt im Gespräch mit dem SWR, dass sie bei den meisten ehemaligen Securitate-Spitzeln Reue vermisst: "Die wollen eigentlich alle immer nur, dass man sie bedauert. Das eigentliche Problem, dass sie für diesen Geheimdienst gearbeitet haben, dass sie einen damit in Gefahr gebracht haben, das wird während jedes Gesprächs und in jedem Brief nicht einmal berührt." Der Mainzer Bildhauer Michael Wolff, der jahrelang mit Peter Grosz zusammengearbeitet hat, beschreibt ihn im Gespräch mit "Landesart" als Mann mit zwei Gesichtern: "Diese Zwiespältigkeit war ein Charakterzug, der ihn immer begleitet hat." "Landesart" geht außerdem der Frage nach, inwieweit Peter Grosz sich tatsächlich schon früher zu seiner Vergangenheit als Securitate-Spitzel bekannt hat und zeigt bislang unbekanntes Filmmaterial über Peter Grosz aus den 1970er Jahren.

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