Website-Icon xtranews – das Newsportal aus Duisburg

Piratenpartei: Enquete – eine Kommission soll den Schein von Kompetenz wahren

"Piratenpartei" boat

Image by towo™ via Flickr

Die Piratenpartei Deutschland steht den Plänen der Bundesregierung bezüglich der Gründung einer neuen Enquete-Kommission skeptisch gegenüber. Bisherige Versuche, die Gesetzgebung an die Neuerungen der Informationsgesellschaft anzupassen, sind gescheitert. Die Kommission stellt nur eine neue Möglichkeit dar, Symbolpoltik zu betreiben. Das Potential, das in der Idee steckt, wird ungenutzt bleiben.

Eine Enquete-Kommission existiert bereits seit 1995. Sie sollte "Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" ebnen, aber konnte ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. Auch ein Unterausschuss für neue Medien beschäftigt sich seit seinem Bestehen vergeblich damit, zum Beispiel Gesetzgebungsverfahren über das Internet zu begleiten. Der einzige bisher errungene Erfolg war die Einführung von ePetitionen.

Nun behauptet die Bundesregierung, erkannt zu haben, dass es dringend nötig ist, sich mit den Veränderungen der Gesellschaft durch das Internet und die zunehmende Digitalisierung auseinanderzusetzen. Dazu soll eine neue Enquete-Kommission eingesetzt werden. Diese darf sich aber nicht mit laufenden oder bestehenden Gesetzgebungsverfahren befassen und wird daher wahrscheinlich auch weiterhin keinen Einfluss auf die Realpolitik haben. Stattdessen wird die Kommission in den kommenden zwei Jahren über Fragen diskutieren, welche die Regierungskoalition in der Zwischenzeit durch neue Gesetze schon beantwortet. Hier wird wieder einmal nur Symbolpolitik betrieben, um die Kritiker zu besänftigen und der Öffentlichkeit vorzugaukeln, dass jetzt der Fokus auf den Problemen der Informationsgesellschaft liegt.

Neben diesen Kritikpunkten hat die Piratenpartei starke Bedenken hinsichtlich der Kompetenz der Sachverständigen, die in der Enquete tätig sein werden. Bisher haben sich unsere Regierungspolitiker bei Fragen zur Netzpolitik nicht mit Ruhm bekleckert. Dies zeigte sich deutlich bei der ehemaligen Familienministerin Ursula von der Leyen, die, zusammen mit anderen Politikern, bei ihren Plänen zur Durchsetzung der Internetsperren, völlig beratungsresistent agierte.

Sorge bereitet auch die Liste der Schwerpunktthemen, die durch die Kommission abgearbeitet werden. Wenn man den Punkt "Gewährleistung einer vertrauenswürdigen und sicheren Internet-Infrastruktur" zum Beispiel im Zusammenhang mit den geplanten Sendezeiten für das Internet betrachtet, könnte die Enquete letztlich auch dazu dienen, weiterhin undurchdachte Regelungen unter dem Deckmantel vermeintlicher Kompetenz durchzusetzen.

Es ist wünschenswert, dass die Enquete-Kommission ihre Arbeit vor allem transparent gestaltet. Bei einer vernünftigen Umsetzung könnte sie sogar als direkte Schnittstelle zwischen der Bundesregierung und den Bürgern dienen. Dabei könnte das Prinzip der "Liquid Democracy" Anwendung finden und echte Experten hätten die Möglichkeit, mit ihrem Fachwissen die Politik zu beeinflussen. Dass derartige Ideen aber tatsächlich in die Arbeit der Kommission einfließen werden, ist nach den bisherigen Erfahrungen eher unwahrscheinlich.

Nico Kern, Spitzenkandidat der Piratenpartei bei der kommenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, führt die Kritikpunkte an dem Vorhaben der Regierung weiter aus: »Die Regierungskoalition gesteht mit der Einsetzung der Kommission ihr Versagen und ihre Hilflosigkeit in der Internetpolitik ein. Ich stelle mir daher ernsthaft die Frage, ob die Abgeordneten, die in diese Kommission entsandt werden, für den Job wirklich geeignet sind. Zudem gibt der Koalitionsvertrag den Politikern von CDU, CSU und FDP ohnehin schon die Richtung vor, die sie in der Kommission vertreten müssen – aus meiner Sicht die falsche: Stichwort Leistungsschutzrecht für Verleger. Die Piraten sind gespannt, welche Experten die Regierung hinzuziehen wird und wie ernst diese genommen werden. Wir werden die Zusammensetzung der Enquete-Kommission kritisch beobachten. In diesem wichtigen Zukunftsthema darf es bei der Besetzung vor allem keine Lobbyinteressen geben.«

Sollte es die Bundesregierung mit ihren Plänen wider Erwarten doch ernst meinen, ist die Piratenpartei Deutschland gern bereit, sie zu unterstützen und Vorschläge zu unterbreiten, wie eine Kommission aussehen müsste, die wirklich auf die Belange der Informationsgesellschaft eingeht. So könnten die Koalitionspolitiker glaubhaft vermitteln, dass sie in diesem Bereich sinnvolle Veränderungen in ihre Politik einfließen lassen wollen.

Die mobile Version verlassen