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BKA befürchtet Terroranschläge vor Bundestagswahl

Mainz (ots) – Das Bundeskriminalamt (BKA) befürchtet Terroranschläge in Deutschland vor der Bundestagswahl. Das geht aus einem aktuellen als Verschlusssache deklarierten Lagebericht hervor, den das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ auf seiner Homepage zitiert. In dem nur für den Dienstgebrauch vorgesehenem Bericht heißt es, „dass vor allem das unverändert hohe Engagement Deutschlands in Afghanistan als Rechtfertigungsgrund für Anschläge gegen deutsche Interessen im In- und Ausland durch islamistische Organisationen genutzt wird“.

Die Autoren des Berichts beziehen sich unter anderem auf Videobotschaften und schriftliche Verlautbarungen von Al-Qaida, der Islamischen Bewegung Usbekistan (IBU) sowie der Islamischen Jihad Union (IJU). Die Islamische Bewegung Usbekistan (IBU) bzw. die Islamische Jihad Union (IJU), eine Splittergruppe der IBU, hatten eine maßgebliche Rolle bei der Rekrutierung der sogenannten islamistischen „Sauerlandgruppe“ gespielt.

Seit Jahresbeginn habe es einen deutlichen Anstieg jihadistischer Propaganda mit unmittelbaren Deutschlandbezügen gegeben. Diese direkte Ansprache Deutschlands sei neu. Es lägen über diese Verlautbarungen hinaus Erkenntnisse vor, „wonach Al-Qaida neue Überlegungen entwickelt, um ihre propagierten Ziele zu erreichen. Zu diesen Überlegungen gehört, Deutschland zum Rückzug aus Afghanistan zu zwingen“. Al-Qaida habe mittlerweile ein Netzwerk von Regionalorganisationen aufgebaut. Dieses soll – nach den Erkenntnissen im Lagebericht – „operativ genutzt werden, um gezielt deutsche Interessen anzugreifen“. Diese Gruppierungen versuchten seit Jahresbeginn, „mit zuvor nicht bekannter Intensität“ in Deutschland aufgewachsene Muslime zu rekrutieren.

Al-Qaida und die ihr nahestehenden islamistisch-terroristischen Gruppen gingen offenbar von der Instrumentalisierbarkeit wichtiger politischer Ereignisse aus, weshalb der Bundestagswahl am 27.09.2009 eine „herausgehobene Bedeutung“ zukomme, da diese einen Ansatz für propagandistische als auch für operative Ziele biete: „Es steht zu befürchten, dass Anschläge gegen deutsche Interessen im Vorfeld der Wahlen, insbesondere der Bundestagswahl am 27.09.2009, durchgeführt werden, um hierdurch nachhaltigen Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen“. Der Bericht spricht deshalb von einer „erhöhten Gefährdungslage“.

Die deutschen Sicherheitsbehörden stellen zudem verstärkt Ausreisebewegungen von Personen aus dem gewaltbereiten islamistischen Spektrum in Deutschland fest, „mutmaßlich zum Zweck einer islamistisch-terroristischen Ausbildung in das afghanisch/pakistanische Grenzgebiet“. Einige seien „aufgrund behördlicher Maßnahmen“ an der Ausreise gehindert worden. Den Bundessicherheitsbehörden lägen Informationen zu insgesamt 180 Personen mit Deutschland-Bezug vor, die eine paramilitärische Ausbildung erhalten haben bzw. eine solche beabsichtigen. Von diesen 180 Personen existierten bei 65 konkrete Hinweise, die für eine absolvierte paramilitärische Ausbildung sprächen. Etwa 80 der 180 Personen hielten sich derzeit vermutlich wieder in Deutschland auf, etwa 15 von ihnen seien inhaftiert. Fazit im Lagebericht: „Die von zurückkehrenden, möglicherweise auch ohne Kenntnis der Sicherheitsbehörden in entsprechenden Lagern ausgebildeten und radikalisierten Personen ausgehende Gefährdung besteht fort und lässt eine Lageentspannung auf absehbare Zeit nicht erwarten.“
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Auch Deutsche im Ausland seien gefährdet. So bestünde zum Beispiel ein besonderes Entführungsrisiko in den nordafrikanischen Maghreb-Staaten, also in der gesamten Region der an die Sahara angrenzenden Länder. Von dieser Gefährdungslage seien in erster Linie Touristen, Mitarbeiter des privaten Sektors sowie Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen betroffen. Künftig sei „in zunehmendem Maße einzukalkulieren, dass deutsche Geiseln im Zusammenhang mit politischen Forderungen wie beispielsweise dem Rückzug Deutschlands aus Afghanistan getötet werden“.

Die Lage in Afghanistan habe sich teilweise „dramatisch verschlechtert“. Auch im bislang ruhigeren Norden habe sich die Sicherheitslage deutlich verschlechtert, „wobei sich insbesondere die Provinz Kunduz zu einem ‚Hot Spot‘ entwickelt“. Die deutschen ISAF-Soldaten würden immer häufiger zum Ziel militanter Kräfte wie beispielsweise der Taliban. Dabei würden die Soldaten der Bundeswehr vermehrt direkt und offen angegriffen, auch durch Selbstmordattentäter. Es sei davon auszugehen, „dass deutsche Interessen in der Provinz Kunduz bewusst als Hauptangriffsziel terroristischer Gruppierungen gewählt werden“. Bei den Angriffen auf die deutschen Soldaten sei eine „neue Qualität“ erkennbar. „Die An- und Übergriffe werden zunehmend komplexer, sind gut koordiniert und offenbar intensiv logistisch vorbereitet. (…) Eine Verstetigung dieses Trends steht zu befürchten.“

Obwohl der Bericht vor dem Luftschlag gegen die Tanklaster verfasst wurde, warnen die Autoren, dass die unbeabsichtigte Tötung von afghanischen Zivilisten bei Einsätzen der Bundeswehr das Vertrauen der Zivilbevölkerung in die internationalen Wiederaufbaukräfte mindere. Die angekündigte Intensivierung des deutschen Engagements in Afghanistan wie die Entsendung von Awacs-Flugzeugen oder auch die Ausweitung des deutschen Beitrags beim Polizeiaufbau „dürften weiter gefährdungserhöhend wirken“.

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